Mit den Ohren Geld abheben - klappt das schon überall?

So kann es gehen: Per Kopfhörer werden Sehbehinderte über die Sprachausgabe durch das Programm am Geldautomaten geführt. Im Landkreis Meißen wird das noch eher wenig genutzt, teilweise auch weil es viele Betroffene gar nicht wissen.

Vieles stellt Blinde und Sehbehinderte vor große Herausforderungen — das Geldholen am Automaten zum Beispiel. Wie unterstützt da die Sparkasse in der Region die Betroffenen?

Mit der Anfrage bei der Sparkasse: Wie holen eigentlich Blinde ihr Bargeld ab? Haben wir quasi ganz tief schlafende Hunde geweckt. Ralf Krumbiegel von der Sparkasse Meißen ermittelte nach Rücksprache mit dem Techniker sofort, dass von den 60 Geldautomaten im Kreis immerhin 13 bisher über die technischen Voraussetzungen verfügen und diese benötigte Kopfhörerbuchse haben. Bei ihnen muss jetzt nur noch die entsprechende Audio Software aktiviert werden. Das werde jetzt nach und nach geschehen, kündigt Krumbiegel an. Alle neuen Modelle der Bargeldautomaten hingegen haben diese Zusatzfunktionen serienmäßig intus. So soll sich der Bestand innerhalb eines Übergangszeitraumes automatisch verjüngen. Auch sind die Tastaturen einiger Automaten mit Blindenschrift ausgestattet andere aber noch nicht. Er erklärt aber auch, dass ihn bisher dazu keine Anfragen oder Wünsche von Betroffenen erreicht hätten, man aber jetzt im Rahmen der permanenten Wartungen daran arbeiten werde, die SehbehindertenKompatibilität zu erhöhen. „Wir werden ein Netzwerk bilden, dass Unterstützungen für alle eingeschränkten Nutzer beinhaltet. Egal ob Körper- oder Sehbehindert", fügt Krumbiegel an. Da habe man im Hause der Sparkasse auch in der Vergangenheit keinen Aufwand gescheut. Die gute Nachricht: Der zentral gelegene Bargeldautomat an der Elbgalerie in Riesa beispielsweise erfüllt alle diese Anforderungen. Er ist barrierefrei zu erreichen und mit der Audiofunktion ausgestattet.

Bereits vor einigen Wochen berichtete der WochenKurier vom technischen Vorstoß der Erzgebirgssparkasse in Aue, wo die Audiounterstützung an den Geldautomaten präsentiert wurde. Im Rahmen einer Bildungsveranstaltung des Sehbehindertenverbandes Sachsen besuchten auch „Tester" aus Meißen die Sparkasse, um den dort eingesetzten barrierefreien Automaten auszuprobieren. „Der Automat ist ein normales Standardgerät, das aber speziell für unsere Bedürfnisse und Möglichkeiten mit Sehbehinderten-Unterstützung nachgerüstet wurde", erzählt Andreas Schneider von der Kreisorganisation Meißen im BSV Sachsen.

Die Bedienung mit Sprachführung beginnt, sobald der Kopfhörer angeschlossen wird. Dazu eignet sich jeder handelsübliche Kopfhörer, der einen 3,5 mm Klinkenstecker hat. Jeder Schritt wird detailliert mit Lagehinweis zu den Bedienelementen angesagt. Bei Fehleingaben fordert die Computerstimme zur Korrektur auf und begleitet auch diese Aktion schrittweise. Nach Abschluss jedes Schrittes werden Anweisungen oder Geldbeträge noch einmal angesagt und gegebenenfalls zur Bestätigung aufgefordert. Auch für andere Menschen, deren Augen nicht mehr so gut funktionieren oder die sich unsicher mit einer Touchscreen-Bedienung fühlen, sei diese eine sichere Alternative selbstständig ihre Bankgeschäfte tätigen zu können.

Frank Herrmann vom Blinden- und Sehbehinderten Verband Sachsen e.V., Kreisorganisation Großenhain, kennt die besondere Funktion der Automaten der Sparkasse noch nicht. Im Alltag ist der Blinde auf die Hilfe seiner Familie angewiesen, um an Bargeld zu kommen. Alle anderen Bankgeschäfte erledigt der Lampertswalder im online-Banking am eigenen PC, welches ja auch mit Sprachausgabe funktioniert. Dennoch würde Frank Herrmann diese Automaten gern mal ausprobieren. „Ich bin grundsätzlich allen technischen Hilfsmitteln gegenüber sehr offen eingestellt. Immerhin ermöglichen sie es mir, mein Leben so selbstbestimmt, wie möglich zu bewältigen", erklärt er. Er würde sich wünschen, dass es bald eine Liste oder Landkarte gäbe, die alle Automaten benennt, die diese besondere Technik haben, damit möglichst viele Sehbehinderte diese Funktionen zumindest testen können. Auf jeden Fall müsste hier noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden.

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